Odenwald-Stiftung lädt Franz Müntefering nach Erbach ein

Ex-SPD-Vorsitzender spricht über „Das Alter leben – Älter werden in dieser Zeit“

Erbach. Franz Müntefering ist ein Politiker, der sich besonders dadurch auszeichnet, dass er „klare Kante“ zeigt. Als Arbeits- und Sozialminister sowie Vizekanzler unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (2005 bis 2007) sowie als Vorsitzender der SPD (2004 bis 2005 und 2008 bis 2009) erwarb der Sauerländer für seinen gesellschaftspolitischen Weitblick, sein diplomatisches Geschick und für das leidenschaftliche Eintreten für seine politischen Überzeugungen großen Respekt in allen politischen Lagern. Wie der heute 76jährige, ausgestattet mit diesen Fähigkeiten, sich seit einem Jahr auch für die Interessen der älteren Generation einsetzt, stellte Müntefering am Donnerstag in Erbach unter Beweis.


Optimismus und Humor gehört dazu, wenn man alt werden will. Dass die Kräfte nachlassen und das Leben in der Rückschau sich wie eine ballistische Kurve wiederspiegelt, zählt zu den vielen anschaulichen Vergleiche des neuen Bundesvorsitzenden der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO). In dieser Rolle vertritt der prominente Politiker seit einem Jahr die Interessen von rund 100 Verbänden aus der Altenarbeit, die sich der BAGSO zusammengeschlossen haben. In der Summe seine dies immerhin 13 Millionen Mitglieder, so Müntefering. Veranstalter des Abends in der Werner-Borchers-Halle, an dem auch etliche Bürgermeister, Mandatsträger und Landrat Frank Matiaske teilgenommen haben, war die Odenwald-Stiftung. Bekanntlich setzt sich dessen Vorsitzender, der frühere Landrat Horst Schnur (Olfen), sich nicht minder aktiv für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Interessen der älteren Generation auf regionaler Ebene ein.


Wie kann es gelingen, „Das Alter leben – Älter werden in dieser Zeit“, so der Titel des seines Vortrags? Gesund und sozial abgesichert, selbstbestimmt und in einer solidarischen Gesellschaft lässt es sich am besten alt werden, fasste der Referent die am häufigsten genannten Wünsche zusammen. Seiner Rede ging ein Reigen an Ehrungen an verdiente Bürger des Landkreises voraus, die genau für den zuletzt genannten Aspekt standen.


Ein allgemein gültiges Rezept für Lebensqualität im Alter gebe es so nicht, dafür seien die Menschen und ihre Lebenssituation zu unterschiedlich, distanzierte Müntefering sich von dem Anspruch, einen fertigen Plan mitgebracht zu haben. Seine Empfehlungen konnten sich dennoch sehen lassen, weil sie vielen aus dem Herzen sprachen. „Vieles liegt an uns selbst, an der inneren Einstellung und Bereitschaft, auf Menschen zuzugehen und die Veränderungen anzunehmen“, so Müntefering. Dem Körper keine Anstrengungen mehr abzuverlangen, sei nicht der richtige Weg, stellte er an einigen Beispielen vor, weshalb er das Laufen an die erste Stelle von drei Merkmalen mit demselben Anfangsbuchstaben positionierte. Treppenlaufen anstelle von Rolltreppen-benutzen, Bewegung an der frischen Luft und gezielte Bewegungen von Händen, Armen, Beinen und Füßen fordern und fördern die Hirntätigkeiten. „Alte Menschen sind manchmal komisch. Machen Sie sich nichts daraus, dass der Großvater fünf bis sechsmal im Jahr den Garten umgräbt“, leitete er zum nächsten Merkmal über, dem Lachen. Humor verlängere nachweislich nicht nur das Leben, sondern vermindere auch Schmerzen und Leiden. Bei der dritten Empfehlung, dem Lernen angelangt, spannte der Referent einen größeren Bogen, der mit der Beschäftigung Älterer mit neuen Techniken anfing und beim gesamtgesellschaftlichen Nutzen endete. „Entscheidend ist, dass wir ein Wohlstandsland bleiben“, weshalb die Investition in junge Menschen und Zugewanderte nie hoch genug ausfallen dürfe. Selbst wenn Flüchtlinge, wie der größte Anteil der Gastarbeiter aus den zurückliegenden Jahrzehnten es auch getan haben, in ihre Herkunftsländer zurückgehen werden, „wird sich dies als die beste Entwicklungshilfe herausstellen, die wir leisten können“.

Ehrungen

Die Odenwald-Stiftung ist auf vielen Feldern unterwegs, vom Projekt „Der Odenwald blüht“, wie die Pflanzaktion von Wildblumen überschrieben wird, bis zum bürgerschaftlichen Engagement. Den Besuch des populären Bundespolitikers Franz Müntefering in Erbach nutzte der Vorstand, um insgesamt 28 verdiente Kreisbürger öffentlich für ihren Einsatz zu danken und auszuzeichnen. Die Gratulation nahm der stellvertretende Beiratsvorsitzende, Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann, vor. Stiftungsvorsitzender Horst Schnur stellte die Geehrten persönlich vor, die unter der Überschrift „Die gute Tat – Kette der Hände und Herzen“ Urkunden und Gutscheine für ein Buchgeschenk von Müntefering ausgehändigt bekamen. Im besonderen Maße um die Seniorensozial- und -kulturarbeit im Odenwald verdient gemacht haben sich: Emmi Fleckenstein (Güttersbach) Albrecht und Udine Hegny (Bad König) Rudolf Budny, Brigitte Schanbacher, Renate Löw, Johanna Käpernick-Krämer, Ingrid Schenkel, Margot Lenz, Marianne Münkel und Reimer Schnoor (alle Beerfelden), Dietmar Heldner (Falken-Gesäß), Willy Schlund, Klaus-Peter Rösler und Anita Barth (alle Breuberg), Erwin Gieß, Wilhelm Bernhard, Erwin Herkert, Ludwig Stellwag und Helga Bartmann (alle Erbach), Elfi Kissinger (Mümling-Grumbach), Heide Amend (Lützelbach), Hilde Seibert und Irma König, (beide Haingrund), Hans Winter (Nieder-Kinzig), Valeria Dolfus (Reichelsheim), Edith Wilhelm (Finkenbach) und Reinhold Holschuh (Sensbachtal).