Geist blitzte in der GAZ

„Geistesblitze“ präsentierten ihre Arbeiten








Es erstaunt den Betrachter, wenn ein Schüler aus der vierten Klasse der Astrid-Lindgren-Schule in Erbach sich mit der Herstellung von Antimaterie befasst, eine Informationstafel dazu aufbaut und ein einfaches Modell eines Teilchenbeschleunigers vorstellt. Benedikt Brunner konnte darüber hinaus anhand seiner in der Literatur gefunden Kenntnisse durchaus auch Auskunft geben über Teilchen wie Quarks. Für seine Arbeit erhielt er schließlich einen Preis. Eltern, Lehrer und die Zuhörer in Reichelsheim können gespannt sein auf seine schulische Laufbahn und seine berufliche Karriere als Wissenschaftler.


Mit solchen Anstößen im naturwissenschaftlichen Denken möchte die Odenwald-Stiftung seit 14 Jahren jungen Menschen bis 21 Jahren nachhaltig ermuntern, unterstützen und fördern. Der Wettbewerb „Geis-tesblitze“ entspringt der Idee „Jugend forscht“, die jedoch nur auf Landes- und Bundesebene praktiziert wird. „Geistesblitze“ richtet sich hingegen an die Jugend im Odenwaldkreis und war in der Vergangenheit mehrfach Sprungbrett für Wettbewerbsbeiträge des Landes- und Bundeswettbewerbs. Einmal ging sogar ein Bundessieger aus dem Odenwald vor, der bei Geistesblitze angefangen hat. Gefragt sind Wettbewerbsbeiträge aus den Naturwissenschaften Physik Biologie, Chemie, wie aus Mathematik, Technik, Informatik und Ökologie, sowie den geisteswissenschaftlichen Arbeitsfeldern in Lokaler Geschichte, Regionalentwicklung und Arbeitswelt. Neugier und Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Wichtig ist nur, dass die Teilnehmer mit wissenschaftlichen Methoden arbeiten, erläutert Projektleiter Günter Leidermann, der in der Organisation von Gudrun Maul unterstützt wird.

Zum erstenmal waren die „Geistesblitze-junge Odenwälder forschen“ in der Reichelsheimer Georg-August-Zinn-Schule zu Gast, worüber sich Schulleiterin Kirsten Gebhard-Albrecht ausdrücklich freute. Trotz des Schuljahresendfiebers und der damit im Zusammenhang stehenden vielfältigen Aktivitäten hatte die Schule Raum geschaffen für die faszinierenden wie ebenso verblüffenden Präsentationen. Ab 10:00 Uhr standen die Arbeiten den interessierten Besuchern an einzelnen Tiscvhen zur Besichtigung bereit und wurden von den jungen Forschern fachkundig erläutert. Vor allem Schüler der GAZ nutzten die Gelegenheit, die ausgestellten Projekte zu erkunden. Die Teilnehmer kamen aus dem gesamten Odenwaldkreis. Viele von ihnen nehmen seit Jahren an dem Wettbewerb der Odenwald-Stiftung teil. Eine Jury aus Fachleuten der verschiedenen naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Bereiche begutachtete die eingereichten Beiträge und ließen sich von den Teilnehmern im persönlichen Gespräch die Funktionsweise und das Vorgehen zum Lösungsweg erläutern. Bei der Bewertung der jeweiligen Arbeiten wurden sowohl Alter, Schulform und Stärke des Arbeitsteams berücksichtigt. Beurteilt wurde neben der mündlichen Präsentation der Exponate auch die schriftliche Ausarbeitung hierzu, die in die Gesamtnote einfloss. Die ersten Preise wurden mit 150 €, die zweiten mit 100 € und die dritten mit 50 € gewürdigt. Unter den insgesamt 24 Beiträgen wurden in diesem Jahr neun erste, elf zweite und drei dritte Preise vergeben.

In der vollbesetzten Aula umrahmte die Musikgruppe der gastgebenden GAZ mit eindrucksvoller Musik die Feierstunde, zu der Eltern und Großeltern, Lehrer und Freunde aus dem ganzen Odenwaldkreis gekommen waren. Die Bürgermeister wurden von Uwe Veith aus Bad König repräsentiert. Der Vorsitzende der Odenwald-Stiftung, Horst Schnur, und der Projektleiter der „Geistesblitze“ Günter Leidermann überreichten die Urkunden samt Geldpreisen. Gefördert wird der Wettbewerb zudem von der Sparkassenstiftung Odenwaldkreis, deren Vertreterin Nicole Kelbert-Gerbig die jungen Forscher ebenfalls begrüßte.

In der Altersgruppe der 16- bis 20-Jährigen ging ein erster Preis an Lukas Künzel vom Gymnasium der Beruflichen Schulen für den Bau eines Hardwarecontrollers für Zugsimulatoren. Der eisenbahnbegeisterte Schüler hatte einen kompletten Führerstand eines Triebfahrzeugs mit eigenen Komponenten gebaut, die mechanische Messungen in Elektronik umsetzen. Dadurch konnte er sowohl die Geschwindigkeit kontrollieren als auch die Bremswege und die Sicherheit, ob Türen offen sind oder geschlossen. Lediglich die Simulation des zweigleisigen Schienenweges mit Landschafts Darstellung und Gegenverkehr war hinzugekauft. Ebenfalls einen ersten Preis ging an die Abiturientin Corinna Zurloh, die mit Martin Feuerherdt und Felix Kastner im Fachbereich Mathematik und Informatik eine digitale Pfeilerkennung für Darts entwickelt hat. Die im Ziel eingestochen Pfeile werden elektronisch ausgewertet und gaben den Trefferwert auf einer Darts-Scheibe schnell und sicher bekannt. Tobias Scheibel wurde für seine Arbeit mit Infrarot-Mikroskopie ausgezeichnet, mit der er verblüffende Ausschnitte von Insektenaugen sichtbar machte. Maren Rieker, Elana Wolf im Team mit Leander Schulz, Akos Binder und Frederik Block vom Beruflichen Gymnasium Michelstadt beschäftigten sich int ihrer geisteswissenschaftlichen Arbeit mit dem zeitkritischen Thema „Grundrechte in Zeiten des Internets – Wie kann eine freiheitliche Gesellschaft im Jahre 2020 garantiert werden?“ Ihre nachdenklichen Positionen zu diesem Thema wurden mit einem ersten Preis gewürdigt. Valentin Rebscher und Christian Bechtluft von den Beruflichen Schulen, Klasse 12, konnten mit ihrer Arbeit aus dem Bereich Mathematik und Informatik „Grundlegende Untersuchung mikrocontrollerbasierter Echtzeitsimulation elementarer dynamischer Systeme“ die Jury überzeugen. Sie machten mit ihrem System musikalische Töne in physikalischen Kurven sichtbar und erläuterten Steuerungen, Perioden und Amplituden. Ebenfalls mit einem ersten Preis wurden die Vorrichtungen für den Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage von Jannis Schwinn, Nils Ihrig, Luca Sauer und Luis Uhrig aus der Klasse 9 der Oberzent-Schule Beerfelden ausgezeichnet. Ebenfalls von der Oberzent-Schule beeindruckten Fabian Hering, Arijan Saronjic, Lee Ann Bartmann und Timo Krug mit einem Versuchsaufbau, mit dessen Hilfe sich Trinkwasser mittels handelsüblicher Babywin-deln reinigen lässt. Das Team erhielt ebenfalls einen ersten Preis.

Julia Anne Fischer präsentierte den Bau einer Korrekturschaltung für altersschwache Messgeräte, Jonas Schäfer beeindruckte mit Wärmemessungen an einem Fenster mit einem Peletierelement, und Alena Magerkurth, alle vom Gymnasium Michelstadt, zeigte die Erfindung eines elektronischen Thermometers, das schneller und genauer die Messergebnisse anzeigt als ein Alkoholthermometer. Von der Oberzent-Schule Beerfelden kam Nico Klein mit einem preiswürdigen Outdoor-Radio ohne externe Energiequelle.

Mit Aspekten der regionalen Geschichte befassten sich Natalija Rajeshri Sheth und Anna-Lena Riedl von der 9. Klasse der GAZ und erhielten für ihre Arbeit „Entwicklung des Odenwaldkreises im 19. und 20. Jahrhundert“ eine Belobigung, mit der sie einen Blick auf frühere Handwerkszweige richteten. Jana Schröder, Franziska Kriechbaum, Florian Hoffarth, Celina Richter und Pawel Bialy glänzten mit ihren von einer Videopräsentation unterstützten Ausführungen über die Industrielle Revolution in der Region, ohne die Geschichte des „Reichelsheimer Lieschen“ zu vergessen. Marie Schnellbächer von der Klasse Q2 der GAZ wurde für ihre biologisch-geographischen Erkenntnisse über Milchkuh- und Rinderzucht im Odenwald geehrt.

Im Teilnehmerkreis der 11- bis 15-Jährigen ging ein erster Preis an Heiko Steiger aus derKlasse 6 des Gymnasiums Michelstadt, der bereits als Grundschüler mehrfach am Wettbewerb erfolgreich teilgenommen hattte, für eine selbstgebaute Nebelmaschine als Beitrag im Bereich Physik und Technik, zu der er das Bügeleisen der Familie hineinkonstruiert hatte.

Ebenfalls aus der Klasse 6 des Gymnasiums kam Leon Wölfelschneider und stellte seine Erfindung eines einbruchssicheren Lastwagens vor. Ihre Erforschung des „Wunder-Werkstoffes Wolle“ zeigten Melanie Sophie, Jennifer und Susann Urallar und Tanja Götz aus der Klasse sieben der GAZ Reichelsheim. In diesem Zusammenhang zeigten sie eindrucksvoll wie sich Schafwolle färben lässt, während dies mit Baumwollfäden mit der gleichen Methode nicht gelingt.

Unter den Teilnehmern aus den Grundschulen (6 bis 10 Jahre) dominierte die Grundschule Beerfurth mit ihrer Klasse vier. Es bekamen Serena Schwardt, Jessica Hoffmann und Nele Schwinn einen ersten Preis für die verblüffende Erfindung einer Steinbestimmungsmaschine, die im Dialog die richtigen Lämpchen aufleuchten ließ. Leonie Hofmann, Svenja Krell und Edda Vogt erhielten für die Beantwortung der Frage, warum Seife wäscht, und Jeremias Schlesier, Martin Rudolph, Jonas Frank und Louis Häfner für das Anlegen einer Steinesammlung aus dem Gersprenztal hohe Anerkennung. Schließlich zeigten die Beerfurther Grundschüler Marvin Goldberg und Leon Hess ihre technischen Gedanken, wie ein „Boot der Zukunft“ aussehen könnte und führten ein Solarboot in einer Bütte vor. In dieser Gruppe der Grundschüler verblüffte auch der eingangs erwähnte Benedikt Brunner aus Erbach mit seinem Thema zur Herstellung von Antimaterie.

Zusätzlich zum Preisgeld wurden die Teilnehmer und Juroren vom Stiftungsvorsitzenden Horst Schnur zu einer Exkursion eingeladen. In diesem Jahr fährt die Gruppe am 15. Juli 2014 nach Darmstadt zu Eumetsat, wo die tägliche Wetterkarte durch Satellitenbeobachtungen ankommt. Danach essen die Teilnehmer in der Mensa der TU Darmstadt mit den Studenten. Bei der Fahrt von Darmstadt Ost erhalten die Schüler Gelegenheit, das Cockpit eines Triebwagens der Odenwaldbahn zu besichtigen und die Tätigkeit des Fahrers zu beobachten. In der zentralen Leitstelle in Wiebelsbach-Heubach wird ihnen schließlich gezeigt, wie alle Signale, Weichen und Bahnübergänge an der Strecke der Odenwaldbahn gesteuert werden.

Die Akteure der „Geistesblitze „zeigten sich mit Ablauf und Ergebnis des diesjährigen Wettbewerbs zufrieden und rufen jetzt schon auf, Vorbereitungen für das nächstjährige „Jubiläumsjahr“ zum 15. Wettbewerb der Odenwald-Stiftung zu treffen. „Forschen, fragen – weitersagen“ ist es das Leitmotiv der Odenwald-Stiftung. „Wer viel fragt, kann viel erfahren. Wer was weiß, kann viel erzählen. Damit wir alle etwas davon haben, müssen wir zuhören und unser Wissen weitergeben. So kommen wir voran – heute schneller als gestern, morgen weiter als heute. Wer mitreden will in Mathematik, Naturwissenschaften und Technik, wer selbst gestellte Forschungsfragen beantworten und sein Wissen anderen mitteilen möchte, für den empfiehlt die Odenwald-Stiftung ihr Projekt “Geistesblitze – junge Odenwälder forschen” und die einzureichenden Arbeiten für 2015 jetzt schon vorzubereiten. Orientierung gibt hierzu auch die Homepage der „Geistesblitze“ (www.odw-geistesblitze.de).

Text & Bilder Horst Schnur